Künstlersymposium – UNTERPREMSTÄTTEN 2014, Österreich

unterpremsttten 2014

3. Internationales Künstlersymposium Unterpremstätten

Thema: „les sentiments VI

Anreise der KünstlerInnen am 27. Juni 2014

Ausstellungseröffnung: Konferenzzentrum Fa. AMS / Schloss Premstätten am 03. Juli 2014

Abreise der KünstlerInnen am 04. Juli 2014

Besuchen Sie die KünstlerInnen vom 28. Juni bis 03. Juli im Kultursaal „offenes Atelier“:

Samstag – Donnerstag 09:00 – 12:00 Uhr

Teilnehmende KünstlerInnen:

Ahmet Özel – Türkei

Tamara Lamperter – Russland

Abd A. Masoud – / Jordanien/Österreich

Linhong Zhao – / China/Österreich

Eduardo Oliveira Bentub – Slowenien

Gregor Pratneker – Slowenien

Velayudhan Nagdas – Indien

S. Pranam Singh – Indien

Susanne Fruhwirth-Nievoll – Österreich

Barbara Hammer – Österreich

Christine Kertz – Österreich

Helene Kleindienst-Guggi – Österreich

Eftichia Schlamadinger – Österreich

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Eröffnungsrede Dr.in Edith Risse les sentiments VI:

Für dieses dritte Symposium ist es Christine Kertz, unterstützt von Helene Kleindienst-Guggi, wiederum gelungen 12 KünstlerInnen aus den unterschiedlichsten Ländern, ja aus drei Kontinenten in Unterpremstätten zu versammeln.
Diese Kunstschaffenden stammen aus den unterschiedlichsten Kulturräumen, die in einer globalen Welt politisch, ökonomisch und kulturell mit- oder aber nebeneinander existieren und jeweils eigene künstlerische Identitäten besitzen. Um das Nebeneinander in ein Miteinander zu verwandeln, sind Begegnung und Austausch entscheidend: Die Vielfältigkeit der Kulturen muss „auf Augenhöhe“ in gemeinsamer Aktion erlebbar gemacht werden. Die Kunst und KünstlerInnen-Symposien wie dieses bieten solche Möglichkeiten, da die Kunstschaffenden durch das intensive temporäre Zusammenleben mit KollegInnen aus unterschiedlichen Herkunftsländern neue Zugänge, Arbeitsweisen und Tendenzen in stilistischer oder auch technischer Hinsicht kennen lernen und über sie Kontakte zu Kulturinstitutionen in anderen Länder knüpfen können.

In diesem Symposium sind einander mehrere höchst unterschiedliche Kulturen begegnet, sind die Kapverdischen Inseln und die Türkei auf Indien getroffen, Jordanien auf Russland sowie Slowenien und sie alle arbeiteten in Unterpremstätten mit einheimischen Künstlerinnen zusammen. Bei der heute präsentierten Ausstellung der im Rahmen des Symposiums entstandenen Kunstwerke sind alle TeilnehmerInnen mit mehreren Arbeiten präsent, sodass ein Einblick in ihre künstlerische Vorgehensweise möglich wird. Übergeordnetes Thema dieses Symposiums waren die „Les sentiments“, wobei das im Französischen wie auch im Englischen gebräuchliche Wort „sentiment“ für „Empfindung, Gefühl, Stimmung“ viele Interpretationsmöglichkeiten zulässt. Die KünstlerInnen vertreten zwar ihren jeweiligen Kulturkreis, obgleich einzuschränken ist, dass die Kunst immer internationaler wird und solche Einordnungen immer problematischer – sie alle haben ihre eigenen Zielsetzungen und Präferenzen mit eingebracht.

Quasi zwischen zwei Kulturkreisen lebt der gebürtige Jordanier Abd A. Masoud, der allerdings schon in den 1980er Jahren in Wien-Meidling eine neue Heimat gefunden hat. Als Referenz an seine Herkunft verarbeitet er alte arabische Kalligrafien und Handschriften in seinen Bildern. Eines der Bilder basiert auf einer osmanischen Karte des 11 Jahrhunderts, aber er interpretiert sie neu als Steiermark-Karte: Vergangenes wird mit derzeit Aktuellem vermischt, die Steiermark in die Historie verwoben.

Die Arbeiten von Eduardo Oliveira Bentub, der von den Kapverdischen Inseln stammt, aber jetzt in Slowenien lebt, schildern in glühendem Kolorit die Menschen und das alltägliche Leben in seiner früheren Heimat. In seinen Bildern klingt Heimweh durch, wenn er die Beziehung zwischen Mutter und Kind thematisiert oder aber seine Großmutter, die in seiner Kultur die wichtigste Person im Leben eines Menschen ist, angelehnt an große Vorbilder, portraitiert.

Heimweh und Erinnerungen an die Vergangenheit stehen auch in den Arbeiten der jungen russischen Künstlerin Tamara Lamperter im Vordergrund. Sie vermisst Russland, obwohl sie in der Weststeiermark eine Familie gegründet und eine neue Heimat gefunden hat. Die Erinnerungen sieht sie in hellem Licht und lebhaften Farben. So hat sie sich entschieden allen ihren Empfindungen freien Lauf zu lassen. Je mehr sie malte desto mehr Farben bedeckten ihre Leinwände und befreiten ihre Gefühle.

S. Pranam Singh aus Indien, der in Varanasi lebt und an der Kunstuniversität lehrt, malt ursprüngliche seine heimatliche Umgebung. Neben Stadt-Landschaften finden sich in seinen Bildern immer wieder Sadhus, „heilige Männer“, die sich einem religiösen, teilweise streng asketischen Leben verschrieben haben. Im Kontrast dazu interessieren ihn auch die indischen Frauen mit ihrem Schmuck und ihrer farbenfreudigen Kleidung in tänzerischer Bewegung. Ihm ist es wichtig zu kommunizieren und den RezipientInnen Rhythmus und Tempo dieser Tänze zu vermitteln.

Der aus Jagdalpur stammende indische Künstler Velayudhan Nagdas malt ebenfalls figurativ. Er will mit seinen Arbeiten Botschaften übermitteln, die sich nicht auf seine Kultur beschränken, sondern allgemein gültig sind. Sie thematisieren die Unsicherheit und Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens in der modernen Gesellschaft, er will die Menschen vor Zerstörung durch einander widerstrebende Leidenschaften, durch übertriebenen Ehrgeiz und übergroßes Machtstreben warnen, bietet ihnen aber auch Schutz durch magische Symbole (das können auch Chili und Zitrone sein) und Engel als Überbringer dieser Botschaft an.

Ahmet Özel aus Istanbul arbeitet in viel stärkerer Abstraktion, obwohl auch bei ihm figurale Anklänge noch zu erkennen sind. Für ihn, der die Türkei schon bei großen internationalen Präsentationen vertreten hat, ist der kreative Moment wichtig. Er horcht in das Innere, vertieft sich in Magma und Plasma um in die geheime Zone zu gelangen, die ihm bei der Beantwortung der Fragen nach der eigenen Identität und dem inneren Paradies aller Menschen helfen könnten.

Auch der aus Maribor stammende slowenische Künstler Gregor Pratneker thematisiert mit seinen Baum-Landschaften, auf sich denen einsame verlorene anonyme Gestalten finden, die innere Befindlichkeit des Menschen. Er umreißt seine Farbflächen mit langen Pinselstrichen, stilistisch an den postimpressionistischen Synthetismus erinnernd, und vermittelt Gefühle der herbstlichen Melancholie, erfüllt von Schweigen, wie er auch eine seiner Bilderserien „Frozen Silent“ betitelt hat.

Last, but not least, waren auch fünf einheimische Künstlerinnen an diesem Symposion tatkräftig beteiligt.

Eftichia Schlamandinger geht gezielt vom Thema des Symposiums aus und beschäftigt sich mit Stimmungen, die insbesondere durch die Natur vermittelt werden. Ausgangspunkt waren fotografische Makroaufnahmen von Pflanzen und Tieren um malerisch in Verästelungen und Vernetzungen den Geheimnissen von Fauna und Flora nachzuspüren. Auch für sie ist „Silently“ essenziell: Es geht um die Seele der Natur.

Susanne Fruhwirth-Nievoll hat südliche Impressionen eingefangen, die für den Peloponnes typische Architektur und Atmosphäre. Selbst die dortig ansässigen Zikaden hat sie in ihren Bildern festgehalten, zumal sie mit dem für diese Tiere charakteristischen Gezirpe ganz persönliche Empfindungen verbinden, die ihr in der Erinnerung auch beim Einschlafen zu Hause behilflich sind.

Auch Helene Kleindienst-Guggi hat sich der Naturabstraktion verschieben und drückt ihre inneren Gefühle in starker Farbigkeit, aber mit jeweils auf wenige Farben beschränkten Kontrasten in Form von vegetabilen oder tierischen Elementen aus, bei denen Darstellung vertikale und horizontale Komponenten eine bedeutende Rolle in der Bildkomposition spielen.

Christine Kertz beschäftigt ebenfalls mit ihren eigenen inneren Gefühlen und Gedanken, sie konzentriert sich, inspiriert von vielen Aufenthalten in Marokko, dabei auf die „Stimmen von Marrakesch“ von Elias Canetti. Darüber hinaus zeigt sie auch einige Arbeiten aus ihrer  druckgrafischen Serie „Sarajevo 1914 -2014“, die vor Ort in Bosnien entstanden ist. Ihr ist es ein ganz persönliches Anliegen, mit wenigen Linien und Farben Wesentliches und Charakteristisches stimmungsvoll wiederzugeben.

Die Arbeiten von Barbara Hammer sind wie immer äußerst reduziert. Sie ist davon überzeugt, dass KünstlerInnen über gesellschaftliche Probleme nachdenken müssen. Viele ihrer Gefühle kreisen um Asylsuchende und Schutzbefohlene. Die Künstlerin bezieht sich auf ein Hörstück von Elfriede Jelinek, in dem Asylsuchende wie der Chor in der griechischen Tragödie und verwoben mit Texten aus den ‚Schutzflehenden‘ von Aischylos auf sich aufmerksam machen. Eine ganze, schon länger verfolgte Serie beschäftigt sich mit den Menschenrechten, insbesondere auch im Hinblick auf Asylsuchende. Damit schließt sich der Kreis zu jenen KünstlerInnen, die in fernen Ländern eine neue Heimat gefunden haben.

Eine Künstlerin, die auch Mitorganisatorin dieses Symposiums war, soll zum Schluss noch einmal erwähnt werden: Christine Kertz. Ihrem unermüdlichen Einsatz, ihrem Organisationstalent und ihren weltweiten Kontakten ist es zu verdanken, dass „Les sentiments IV“ stattfinden konnte und KünstlerInnen aus vielen sehr unterschiedlichen Kulturkreisen nach Unterpremstätten gekommen sind und ihre ganz spezifischen „Sentiments“ künstlerisch manifestieren konnten und präsentieren dürfen.

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